Das Rätsel um die sechs Fassadenfiguren

1519 – Die Leipziger Disputation

Zwei Jahre nach dem Anschlag der 95 Thesen durch Martin Luther in Wittenberg, fand im Sommer 1519 auf Beitreiben des Ingolstädter Theologieprofessors Johannes Eck das akademische Streitgespräch, heute bekannt als die „Leipziger Disputation“ statt. Organisiert wurde das Streitgespräch mit der Universität Leipzig. Der Landesherr Georg von Sachsen wollte mit der Ausrichtung dieses akademischen Streitgesprächs das Ansehen seiner Landesuniversität vermehren.

Hier traten Martin Luther, Philipp Melanchthon und Andreas Bodenstein (genannt Karlstadt) auf Seiten der reformatorischen Bewegung dem papsttreuen Professor Eck gegenüber und bezweifelten die alleinige Lehrautorität des Papstes.

Drei Wochen wurde das Streitgespräch bestehend aus These und Gegenthese durchgeführt. Nicht nur der Ablass, auch die Stellung des Papstes, der freie Wille und die göttliche Gnade waren Gegenstand der Duellanten. Am Ende beanspruchten beide Seiten den Sieg für sich. Für Luther bedeutete die „Leipziger Kirchenschlacht“ den endgültigen Bruch mit der römisch-katholischen Kirche. Da er sich weigerte seine Thesen zum Ablasshandel zu widerrufen, verhängte man über Luther und seine Anhänger schließlich 1521 den Kirchenbann und die Reichsacht.

Langfristige Folge des Leipziger Streitgesprächs war, dass sich Luthers angeführte Thesen durch die Veröffentlichung der Disputationstexte schnell verbreiteten. So wurde Leipzig zu dem Ort, an dem sich die Reformation zu einem Prozess entwickelte, der nicht mehr aufzuhalten war. Für die Stadt an der Pleiße dauerte es allerdings noch bis zum Tod des katholischen Herzogs Georg des Bärtigen im Jahre 1539, ehe schließlich die Reformation eingeführt wurde. Martin Luther selbst hielt im Mai 1539 die Festrede in der Thomaskirche.

An der Fassade sehen Sie heute die wichtigsten Protagonisten des theologischen Streitgesprächs. Wo sich heute das Neue Rathaus und das Areal des Burgplatzes befindet, trafen damals die Disputanten aufeinander. Im Sommer 2019 – Fünfhundert Jahre nach der Leipziger Disputation – wurde das Gebäude am Burgplatz eröffnet und die Fassade aus Cottaer Sandstein wird von folgenden Figuren geziert:

Universitäts-Professor Petrus Mosellanus (1493-1524), geboren als Peter Schade. Auf ihn gehen viele der Mitschriften zur Disputation zurück. Er versuchte bis zum Schluss, zwischen den Streitparteien zu vermitteln
Humanist und Theologe Johannes Calvin (1509-1564). Er nahm zwar nicht am Disput teil, trug aber die Reformationsbewegung weiter nach Genf. Er war stark von Luther beeinflusst.
Johann Langius Lembergius. Der frühere Universitäts-Rektor hielt die Abschlussrede nach dem Streitgespräch, gefolgt vom „Te Deum Laudamus“ des Thomanerchors und städtischer Musiker.
Der Ingolstädter Professor Dr. Johannes Eck (1486-1543). Als geübter Disputationsredner und größter Gegner der Reformationsbewegung betrachtete sich der katholische Theologe – wie Luther – nach dem Ende des Disputs als Sieger.
Der katholische Herzog Georg von Sachsen (1471-1539), „Georg der Bärtige“ genannt. Als Gegner von Luthers Thesen, bestimmte er die Pleißenburg als Ort für die Disputation.
Martin Luther (1483-1546). Er weigerte sich, nach der Leipziger Disputation seine Thesen gegen den Ablasshandel zu widerrufen.

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